Eugen Moser im Interview: «Digitalisierung ist kein Produkt, sondern ein Weg»
In Zukunft werde die Beweglichkeit, Reaktions- und Veränderungsfähigkeit eines Unternehmens und seiner Mitarbeitenden ausschlaggebend für die Wettbewerbsfähigkeit sein, ist Eugen Moser, Unternehmensleiter der Wirtschaftsinformatikschule Schweiz (WISS), überzeugt. Wie eine Höhere Fachschule ihre Studierenden auf die neuen Herausforderungen im Zeitalter der Digitalisierung vorbereiten kann, erläutert er im Interview.
Interview: Kevin Gabathuler, hf-talents.ch
Digitalisierung, neue Aus- und Weiterbildungen, Umstrukturierungen in Unternehmen: Die Arbeitswelt ist im Umbruch. Wie siehst du diese Veränderungen als Unternehmensleiter bei der Höheren Fachschule WISS?
Eugen Moser: Digitalisierung ist kein Produkt, sondern ein Weg. Wo die Digitalisierung hinführen wird, ist in vielen Unternehmen noch nicht klar. Eines ist jedoch gewiss: Die Unternehmen werden durch die Digitalisierung und deren Möglichkeiten stark gefordert. Der Trend, wer schneller am Markt ist, wird gewinnen – und wird sich unabhängig von der Unternehmensgrösse noch beschleunigen. Für uns als Bildungsanbieter geht es darum, die Menschen auf diesen Weg vorzubereiten. In Zukunft wird die Beweglichkeit, Reaktions- und Veränderungsfähigkeit der ganzen Unternehmung und der Mitarbeitenden von grösster Wichtigkeit sein. Es geht also darum, die Menschen auf den Umgang mit Komplexität, Unsicherheit und unklaren Anforderungen vorzubereiten. Wichtige Voraussetzung dafür ist, dass die Menschen diese Herausforderung als Chance und weniger als Bedrohung sehen. Da können wir als Bildungsanbieter sicher mithelfen. Wichtig ist jedoch eine klare Kommunikation in den Unternehmen, welche digitale Strategie verfolgt werden soll.
Wo siehst du Gefahren und wo Chancen bei diesem enormen Wandel?
Eugen Moser: Eine grosse Gefahr sehe ich darin, dass viele Unternehmen, insbesondere KMU, sich noch nicht auf den digitalen Weg gemacht haben, ja nicht einmal ansatzweise wissen, in welche Richtung sie der Weg führen könnte. Es ist dringend notwendig, dass sich Unternehmen mit den Chancen und Risiken der digitalen Transformation auseinandersetzen. Nur wer die Chancen sieht und diese umsetzen kann, wird in Zukunft wettbewerbsfähig sein. Das Wort Transformation kann Wandel, aber auch Umgestaltung bedeuten. Es kann durchaus vorkommen, dass sich ein Unternehmen neu erfinden muss. Das führt zu Unsicherheit und Ängsten bei vielen Betroffenen. Diese Ängste sind ernst zu nehmen, aber man muss sich ihnen stellen und neue Lösungsansätze finden. Hier können wir als Bildungsanbieter helfen, die Weichen richtig zu stellen. Wenn es gelingt, die Ängste vor der Digitalisierung abzubauen, ist bereits viel erreicht.
«Wenn es gelingt, die Ängste vor der Digitalisierung abzubauen, ist bereits viel erreicht.»
Wie bereitet eine Höhere Fachschule wie die WISS ihre Studierenden auf diese Veränderungen im Arbeitsmarkt vor?
Eugen Moser: Die WISS legt grossen Wert darauf, dass sich unsere Absolvierenden im Arbeitsmarkt behaupten können. Durch die Digitalisierung verändern sich auch die Qualifikationsanforderungen. Mit einer rollenden Weiterentwicklung unserer Lehrgänge wollen wir den neuen Marktanforderungen gerecht werden. Wir ergänzen den Unterricht beispielsweise mit Fächern wie digitales Management, bieten Seminare zum Thema Digitalisierung an und erarbeiten mit den Studierenden unter anderem die notwendigen Fähigkeiten. Unsere HF-Lehrgänge bieten wir zudem nur berufsbegleitend an. Damit ist ein erster Schritt für den Praxistransfer getan. Ein weiterer ist, die Studierenden mit geeigneten Transferaufgaben zu fordern und dadurch ihre Marktbefähigung zu steigern. Der klassische Wissenserwerb hat sich stark gewandelt. Das Wissen wird immer mehr in Selbstlernsequenzen angeeignet, im Präsenzunterricht findet heute verstärkt der Transfer in die Praxis statt. Zusammen mit geeigneten Aufträgen, die ausserschulisch erarbeitet werden, entsteht daraus die vom Arbeitsmarkt geforderte Handlungskompetenz. Wer das Prinzip verinnerlicht hat, kann auch künftige Veränderungen erfolgreich meistern.
Wo siehst du die klaren Stärken einer Absolventin/eines Absolventen einer Höheren Fachschule im Arbeitsmarkt?
Eugen Moser: Die Höhere Fachschule ist ein wichtiges Segment der Höheren Berufsbildung und ist im Vergleich zu den Hochschulen sehr praxisorientiert unterwegs. Die Ausbildung stellt das wissensbasierte Arbeiten ins Zentrum. Es geht dabei darum, sich neues Wissen anzueignen und es mit bestehendem Wissen zu verknüpfen. Viele Lehrgänge werden berufsbegleitend durchgeführt, was den Studierenden die Möglichkeit gibt, die neu erworbenen Kompetenzen in der Praxis am Arbeitsplatz gleich selbst anzuwenden.
Wie reagiert der Arbeitsmarkt auf Studierende und Absolventen einer Höheren Fachschule?
Eugen Moser: Viele Unternehmen bestätigen uns, dass Absolvierende von Höheren Fachschulen sehr praxisorientiert arbeiten. Durch die berufsbegleitende Weiterbildung bleiben die Studierenden den Unternehmen als wichtige Ressourcen erhalten und können sich parallel zum Studium auch am Arbeitsplatz weiterentwickeln. Zusammengefasst: Der Praxisbezug und die Flexibilität der Höheren Fachschulen zählen für viele Unternehmen zu den entscheidenden Erfolgsfaktoren.
In welchen Bereichen bildet die WISS die Fach- und Führungskräfte von morgen aus?
Eugen Moser: Insgesamt bietet die WISS in der Höheren Fachschule vier verschiedene Lehrgänge an. Es sind dies die beiden HF-Lehrgänge Wirtschaftsinformatik und Betriebswirtschaft sowie die beiden Nachdiplomstudiengänge Projektmanagement und Business Analyse.
Wie hebt sich die WISS von anderen Höheren Fachschulen ab?
Eugen Moser: Die WISS verfolgt seit vielen Jahren ein kompetenz- und praxisorientiertes Ausbildungsmodell. Der Leistungsnachweis erfolgt zu einem grossen Teil mit Transferaufgaben, für die die Studierenden anhand von Problemstellungen aus ihrem Arbeitsumfeld miteinander diskutieren und Lösungen finden. Dies führt zu einem unvergleichlichen Praxistransfer. Damit an all unseren Standorten – Zürich, Bern und St. Gallen – eine homogene Weiterbildung gewährleistet ist und die Kompetenzziele erreicht werden können, stellen wir unseren Dozierenden detaillierte Lehrpläne, Lehrmittel, Drehbücher sowie Videosequenzen, Übungen und Lösungen zur Verfügung. In einer engen Kooperation mit der Kalaidos Fachhochschule haben unsere Studierenden zudem die Möglichkeit, optional am Ende des Studiums einen bis zwei zusätzliche CAS-Zertifikate zu erlangen und später an die Fachhochschule zu wechseln.
«Gute Chancen im zukünftigen Arbeitsmarkt wird haben, wer den Umgang mit Veränderungen, Unsicherheiten, Komplexität und Mehrdeutigkeit beherrscht.»
Welche Tipps würdest du Studierenden und Absolventen einer Höheren Fachschule mit auf den Weg geben, um sich für den Arbeitsmarkt von morgen zu rüsten?
Eugen Moser: Diese Frage kann ich nicht pauschal beantworten. Wir setzen in unseren Lehrgängen stark auf Handlungskompetenz, damit die Studierenden das Rüstzeug haben, künftige Probleme und Veränderungen zu meistern. Dazu gehört auch die Selbstreflexion, um zu erkennen, ob eine Weiterbildung ansteht. Auch nach Abschluss einer Weiterbildung an einer Höheren Fachschule bleibt das lebenslange Lernen ein zentrales Thema. Gerade die Digitalisierung zeigt, dass immer wieder neue Qualifikationsanforderungen entstehen. Wer heute als topqualifiziert gilt, steht morgen vielleicht schon auf dem Abstellgleis. Deshalb meine Empfehlung an Absolvierende einer Höheren Fachschule: Seid euch im Klaren, wo ihr beruflich hin wollt, verfolgt dieses Ziel, bleibt neugierig, behaltet euer Qualifikationsprofil im Auge und entwickelt euch ständig weiter. Jeder Mensch bringt unterschiedliche Fähigkeiten mit. Gute Chancen im zukünftigen Arbeitsmarkt wird haben, wer den Umgang mit Veränderungen, Unsicherheiten, Komplexität und Mehrdeutigkeit beherrscht. Es gilt also, sich in diesen Themen fit zu machen. Zudem hilft ein gutes berufliches Netzwerk in vielen Situationen weiter: Dieses solltet ihr bewusst aufbauen und pflegen.
Dieses Interview erschien ursprünglich auf hf-talents.ch
Eugen Moser wechselte als Maschineningenieur FH vor gut sieben Jahren in die Bildungsbranche und übernahm Anfang September 2010 die Leitung der Wirtschaftsinformatikschule Schweiz WISS. Er lebt mit seiner Frau in Steinhausen (ZG) und ist Vater von Zwillingen (JG 1991).
Die Stiftung Wirtschaftsinformatikschule Schweiz (WISS) ist das führende Kompetenzcenter in der Informatikbildung. Seit über 30 Jahren ist sie im Markt aktiv, akzeptiert und bestens vernetzt. Die Angebote der WISS reichen von der beruflichen Grundbildung über die Höhere Berufsbildung bis auf Stufe Höhere Fachschule in den Bereichen Wirtschaft, Informatik und Organisation. Im Bereich der Wirtschaftsinformatik ist die WISS Marktführer.
Die Schule ist EDUQUA-zertifiziert und gehört zur Kalaidos Bildungsgruppe, dem grössten wettbewerbsorientierten Bildungsanbieter der Schweiz. Sie steht dafür ein, dass die Absolventinnen und Absolventen das erlernte Wissen 1:1 in der Praxis anwenden können. Mehr unter www.wiss.ch
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